Autoguider
 


Autoguiding - viele fragen sich: Was ist das überhaupt?

Um das Funktionsprinzip von Guiding bzw. Autoguiding zu verstehen, muss man folgende Hintergründe kennen:

Bei der Astrofotografie kommt es bei langbelichteten Aufnahmen besonders darauf an, dass das aufzunehmende Objekt möglichst über die komplette Belichtungszeit exakt an Ort und Stelle gehalten wird. Ansonsten würden Sterne nicht mehr punktförmig abgebildet, sondern zu kleinen Strichen auseinandergezogen werden. Das Problem dabei ist, dass sich die Sterne, bedingt durch die fortwährende Erddrehung, während der Belichtungszeit weiter bewegen.

Um dies auszugleichen, muss die Montierung die Aufnahmekamera so genau wie möglich auf die (scheinbare) Sternbewegung nachführen.

Nun ist es so, dass auch die allerbesten Montierungen mit gewissen Fertigungstoleranzen behaftet sind. Insbesondere die Schnecke und das Zahnrad des Rektaszensionsantriebes sind davon betroffen. Winzige Unregelmäßigkeiten lassen die Nachführgeschwindigkeit minimal schwanken.
Dies bedeutet in der Praxis, dass die Montierung einmal zu langsam und einmal zu schnell nachführt. Es handelt sich dabei absolut gesehen um sehr kleine Abweichungen, welche aber die Aufnahmequalität sehr negativ beeinflussen können.

Das Ergebnis würde im schlimmsten Fall dann so aussehen:

Diese Aufnahme der Plejaden wurde ca. 120sec lang belichtet, wobei die Montierung sehr ungenau nachführte. Die Sterne blieben dabei während der Aufnahme nicht am exakt selben Ort auf dem Chip, sondern wanderten hin und her.
Die Montierung lief in dieser Zeit mal ein wenig schneller und dann wieder ein wenig langsamer als die tatsächliche Geschwindigkeit der Sterne (bedingt durch die fortwährende Erddrehung)

Ganz ohne Nachführung wären die Striche aber noch wesentlich länger!



 

Wie kann das Problem gelöst werden?

Im Prinzip muss eine genaue Kontrolle der Nachführung stattfinden. Es muss darauf geachtet werden, dass ein Referenzstern (sog. Leitstern) während der gesamten Belichtungsdauer exakt an der selben Stelle im Bildfeld verweilt.


 


Manuelles Guiding:

Die einfachste Methode besteht darin, parallel zum Aufnahmeinstrument ein kleines, zweites Fernrohr zu montieren, mit dem der Fotograf den Leitstern per Auge durch ein Fadenkreuzokular immer zentriert hält. Dieses zusätzliche Teleskop wird Leitrohr genannt.
Sobald der Leitstern das Zentrum des Fadenkreuzes auch nur ansatzweise verlässt, muss die aktuelle Position der Montierung leicht korrigiert werden. Der Leitstern wandert dann zurück ins Zentrum des Fadenkreuzes.
Da das Leitrohr möglichst starr mit dem Aufnahmeinstrument gekoppelt ist, bleibt auch das Aufnahmeobjekt automatisch mit zentriert.

Alternativ kann die Nachführkontrolle mit einem sog. Off-Axis Guider (OAG) vollzogen werden. Dabei wird kurz vor der Kamera seitlich am Okularauszug durch ein Prisma ein kleiner Teil des Lichtes "abgezapft". In diesem Bereich findet sich meist ein geeigneter Leitstern. Der Vorteil davon ist, dass der Leitstern vom selben Lichtpfad stammt, wie die eigentliche Aufnahme. Eventuelle Abweichungen durch ein zu labil montiertes Leitrohr werden so vermieden.
Allerdings kann es manchmal schwierig sein, wegen des sehr kleinen Prismas einen geeigneten Leitstern zu finden. Ein Leitrohr, welches mit verstellbaren Leitrohrschellen montiert ist, hat einen wesentlich größeren Suchradius. Ein Off Axis Guider benötigt zudem einen gewissen Lichtweg, da dieser zwischen Teleskop und Kamera montiert werden muss. Gerade bei Newtons wird der Fokussierweg bis zum Kamerachip schell zu knapp. Refraktoren und SC's sollten damit prinzipiell weniger Probleme haben.
Zudem sollte man bedenken, dass Barlowlinsen oder Komakorrektoren zusätzlich in den Lichtweg mit eingebracht werden sollen. Dafür ist direkt im OAG leider kein Platz.

Wie man sieht, haben Leitrohr und OAG jeweils Vor- und Nachteile.



Autoguiding:

Die Methode der manuellen Nachführkontrolle (Guiding) ist einfach und günstig, aber leider sehr anstrengend, weil man visuell über eine lange Zeit konzentriert einen kleinen Punkt in der Fadenkreuzmitte halten muss. Ein kleiner Fehler kann die Aufnahme ruinieren.

Aus diesem Grund hat man sich überlegt, wie man die lästige aber notwendige Nachführkontrolle vereinfachen und automatisieren könnte.

Ganz einfach: Man benötigt ein Regelsystem, bei dem die menschlichen Sinne durch elektronische Helfer ersetzt werden - das Prinzip des Autoguiding.

Die Vorgehensweise bleibt die selbe: Ein Leitstern muss erfasst werden, die Position wird kontrolliert und bei einer Abweichung wird die Montierung entsprechend nachgeregelt.

Das menschliche Auge wird durch eine möglichst empfindliche Kamera ersetzt:

1) Guidingkamera
2) Leitrohr

 

... und das menschliche Gehirn wird durch eine geeignete Autoguider-Software und einen PC ersetzt:

Software: Guidemaster
 
 
Um den PC mit dem Teleskop zu verbinden, gibt es verschiedene Ansätze.
Grundsätzlich besteht aber auch die Möglichkeit, mit einer speziellen stand-alone CCD-Guidingkamera ganz ohne PC-Unterstützung zu arbeiten.
 
 
Autoguideranschluss an der Original Takahashi EM-200 Steuerung
 
Autoguideranschlüsse an der FS2-Steuerung (links RJ12, rechts SUB-D)
 
USB-Interface von shoestring-astronomy mit internen Optokopplern.

Es sind auch Interface-Boxen mit klassischen Relais erhältlich. Diese verursachen aber während den Schaltvorgängen Klappergeräusche.

 

So wird das Ganze im Beispiel angeschlossen:

Nachdem die Guidingsoftware auf dem PC installiert wurde, muss das USB-Interface mit dem PC verbunden werden. Dieses Interface stellt die Verbindung von PC und Montierung her - es dient quasi als Sprachübersetzer zwischen PC und Montierung.

Der USB-Stecker des Interfaces wird dabei mit dem PC, das RJ12-Kabel (6-pol Telefonanschlusskabel) mit dem Autoguider-Eingang der Montierung verbunden. Hierbei hat jede Montierung ihr eigenes Steckersystem.
Im Prinzip werden aber nur fünf Signale benötigt, die für alle Autoguideranschlüsse ähnlich sind:

Ground Masse
R.A. + Rektaszension schneller
R.A. - Rektaszension langsamer
Dec + Deklination nach Norden
Dec - Deklination nach Süden
 

Es hat sich ein quasi Standard namens "ST-4" herausgebildet (die ST-4 ist eine autarke Autoguiderkamera von SBIG).
Eine richtige Autoguidernorm existiert allerdings nicht. Bei der Verdrahtung zwischen PC-Interface und Autoguider-Eingang muss dabei die jeweilige Hardware genau geprüft werden.

Alternativ ist es auch möglich, direkt die serielle Schnittstelle des PC's anstatt eines Interfaces zu nutzen. Das Softwareprotokoll ist dann ASCOM.

Die Anschlüsse der Autoguiderbuchsen reagieren im Prinzip gleich, wie die Richtungstasten der Handbox. Liegt ein Signal an einem Anschluss an (z.B.: R.A +) so wird die Montierung solange mit einer minimal größeren Geschwindigkeit angetrieben, bis der Leitstern wieder im Zentrum ist (bei R.A - entsprechend langsamer).

Auch eine gewisse Drift in der Deklination, verursacht durch nicht optimale Einnordung der Montierung, kann der Autoguider ausgleichen.
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Die normalerweise einstellbare Guidinggeschwindigkeit der Montierung liegt so grob bei der 0.25 - 0.9 fachen Nachführgeschwindigkeit. Es werden jeweils nur sehr kleine Korrekturen nötig sein.
Das Regelsystem soll auch nicht "überreagieren" und übers Ziel hinausschießen. Diese Regelung ist ein sehr langsamer und vorsichtiger Prozess. Im Normalfall wird nur wenige male pro Sekunde für eine ganz kurze Zeit korrigiert.

 

Kalibrierung der Software:

Die meisten Autoguidingprogramme haben einen automatisch ablaufenden Kalibrierungslauf eingebaut.
Man muss sich vorstellen, dass die Guidingkamera nicht immer im gleichen Drehwinkel in das Leitrohr bzw. OAG montiert wird. Mal ist diese etwas mehr nach links, mal etwas weiter nach rechts oder sogar 180° verdreht angeschlossen. Die Software muss nun pro Aufnahmesession wissen, welche Bewegung der Montierung den Leitstern auf dem Bildschirm in eine bestimmte Richtung driften lässt.

Beispiel: Die Montierung dreht sich ein Stück nach Westen, der Leitstern auf dem Monitor bewegt sich dabei aber nach oben, weil die Guidingkamera vollkommen willkürlich montiert wurde. Auf dem Monitor wäre dann einfach oben = Westen.

Die Software bewegt im Kalibrierunglauf die Montierung nacheinander in alle 4 Richtungen und beobachtet dabei die Drift des Leitsternes auf dem Bildschirm
und merkt sich diese. Zudem wird noch ausgemessen, in welcher Ansteuerzeit der Montierung sich der Leitstern um eine bestimmte Pixelzahl verschiebt.

Man muss dabei nur darauf achten, dass die Montierung in einer einstellbaren Zeit
(z.B. 7-10sec) genügend Bewegung macht, damit sich der Leitstern auf dem Monitor eindeutig bewegt. Ist die Nachführ-Korrekturgeschwindigkeit der Montierung relativ niedrig, muss eine längere Kalibrierungszeit eingestellt werden.
Umgekehrt darf die Geschwindigkeit nicht zu hoch sein, da sonst der Leitstern aus dem Bildfeld verschwindet. Alternativ könnte man auch die Zeit verkürzen.

Wurden alle 4 Richtungen ausgetestet und bewertet, ist das Programm bereit für das eigentliche Guiding.
Hierfür wählt man manuell einen genügend hellen (und natürlich fokussierten) Leitstern möglichst in der Bildfeldmitte aus und lässt die Software die entsprechenden Regelungen durchführen.

Die Kalibrierung muss nur dann neu erfolgen, wenn die Einbauposition (Drehwinkel) der Guidingkamera verändert wurde.



Fazit:
Autoguiding ist, wenn es denn gut funktioniert, eine sehr bequeme Sache und wirkliche Hilfe für jeden ernsthaften Astrofotografen. Die maximalen Belichtungszeiten können damit erheblich gesteigert werden.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass es noch viele andere Hardware-Lösungen als die oben dargestellten Geräte gibt. Die beschriebene Konfiguration funktioniert mit meiner Ausrüstung sehr zufriedenstellend.