Montierung Takahashi EM-200 USD 3
 


 

Die Takahashi EM-200 USD 3 ist die Nachfolgemontierung meiner ehemaligen Skywatcher EQ6.

Ich war auf der Suche nach einer möglichst genau nachführenden parallaktischen Montierung, welche eine fotografische Tragfähigkeit von mindestens 15kg haben sollte. Das Eigengewicht der Montierung sollte ebenfalls höchstens in diesem Gewichtsbereich liegen.
Die EM-200 ist dabei sogar als Geheimtipp einzustufen, da diese in Deutschland nicht sehr verbreitet scheint.
Allerdings habe ich bislang nur positive Stimmen über die Funktionalität und die Ganggenauigkeit gehört.

In der näheren Auswahl standen außerdem eine Losmandy G11 oder eine Mach1 GTO von Astro-Physics. Letztere schied aber wegen des extremen Preises und Lieferzeiten aus.

Rein äußerlich fällt sofort die große Ähnlichkeit zu einer EQ6 auf. Die Chinesen haben da wohl einiges von den Japanern abgeschaut. Starke Ähnlichkeiten, wie die versenkbare Gegengewichtsstange, Az- und Polhöhenverstellung, innenliegende Motoren, durchbohrte DEC-Achse für den Polsucher und das ganze äußere Erscheinungsbild sind nicht zu verleugnen. Auch die Stativaufnahmezapfen und die Gegengewichte passen 1:1.
Lediglich das Stativgewinde ist unterschiedlich (die EQ6 hat M12 metrisch, die EM-200 1/2" mit exotischer Steigung).
Allerdings wirkt die Takahashi EM-200 bei näherer Betrachtung wesentlich wertiger - was sich auch im Preis und vor allem in der Funktion ganz deutlich zeigt. Warum man allerdings eine Montierung in hellem lindgrün lackieren muss, ist mir schleierhaft. Ein cremeweiß wäre hier rein optisch vorteilhafter. Ist aber Geschmackssache - und es ist eben die Farbe des Hauses.
Takahashi gießt übrigens die Montierungsgehäuse und sogar das Gehäuse der Handbox selbst in Handarbeit, im Sandgussverfahren.


 
 

Ansicht von links.
Was mir sehr gut gefällt im Vergleich mit z.B. Montierungen von Losmandy ist, dass keinerlei Teile abstehen oder Motorspiralkabel in der Gegend rumhängen. Alles ist aus einem Guss ohne das man Angst haben muss, ein abstehendes Teil aus Versehen abzureißen oder dran hängenzubleiben.


 
Ansicht von rechts.

Hier im Bild wurde die Original-Takahashi Motorsteuerung bereits entfernt und gegen eine selbst gebaute Alu-Abdeckplatte mit 15-pol Sub-D Stecker für die nachträglich eingebaute FS2 Steuerung von Astro-Electronics ausgetauscht.
Mehr zum Thema FS2-Steuerung gibt es hier.

 

Originalsteuerung USD-3 zum Vergleich

Eingang für Stromversorgung (12-24V), Handbox, RS232 und Autoguider. Die originale Steuerung ist sehr kompakt und arbeitet bereits mit Mikroschritt-Motoransteuerung.
(allerdings nur 8 Bit Auflösung).


 

Zum exakten Einnorden der Montierung auf den Himmelspol muss die R.A. Achse soweit gedreht werden, dass die Dosenlibelle genau austariert ist. Sie ist Teil eines absolut hochpräzisen Polsucherinstrumentariums.

An dieser Skala wird der Offsetwert des eigenen Standorts eingestellt. In der relativ dürftigen Beschreibung der EM-200 wird die Vorgehensweise zur korrekten Einstellung des geographischen Offsets allerdings nicht hinreichend genau beschrieben. In dieser Hinsicht war ich voll auf meinen Fachhändler angewiesen. Auch im Internet fand ich hierzu keine verlässlichen Informationen.

Zur Bestimmung des Offset-Wertes muss man folgende Parameter kennen:
- Längengrad des lokal gültigen Zentralmeridians

- Längengrad des eigenen Standorts

Der Zentralmeridian für Deutschland liegt auf 15° Ost (+ 15°)
Mein Standort liegt auf (+) 9.3° Ost (grob Stuttgart)

Der korrekte Offset für einen bestimmten Standort berechnet sich nach folgender Formel:

Offset = geogr. Länge - Zentralmeridian (wichtig sind die passenden Vorzeichen!)

In meinem Beispiel ergibt das: Offset = (+ 9.3°) - (+ 15°) = - 5.7°
Die Skala (obere Skala "N" für Nordhimmel) muss also bei mir einmalig auf -5.7° fest eingestellt werden. Bei einem Standortwechsel in östlicher oder westlicher Richtung, muss der Wert dann entsprechend verändert werden.


 
Blick durch einen der besten Polsucher auf dem Markt.
Die äußere Skala zeigt das Datum (Monat und 365 Tage), die innere Skala zeigt die Zeit in 24 Stunden mit 10min Unterteilung.
Zur Einrichtung muss die Skala so gedreht werden, dass der Teilstrich der aktuellen Uhrzeit mit dem Teilstrich des passenden Datums genau zusammenpasst.

Dann folgt Schritt 2...
 
 
... wenn die Skalen passend hingedreht wurden, muss Polaris (alpha-UMi im Bild durch den roten Punkt dargestellt) zwischen die beiden Striche auf das aktuelle Jahr einjustiert werden. Dies geschieht mit der Alt und AZ- Einstellung der Montierung. Für die Südhalbkugel wird der Referenzstern delta-Octans auf einer gegenüberliegenden Skala verwendet.

Ich denke, genauer kann man mit einem Polsucher nicht einnorden.

Hier im Beispiel wäre der 6. Mai um 11:40 eingestellt. Polaris liegt dabei im Bereich des Jahres 2008. Durch die Präsession der Erdachse (Taumelbewegung), verschiebt sich Polaris bezüglich des tatsächlichen Himmelspols permanent.

 
Schönes Detail: Eloxierte Knebelstellschraube für die Polhöhenjustage.
 
 
Klemmhebel für die Polhöhe
 
 

Völlig unverständlich erschien mir jedoch, warum auf der anderen Seite keine Gegenschraube für die Polhöhenjustage vorgesehen war. Das hatte sogar die EQ6. Es gibt zwar einen Klemmhebel auf der Drehachse, der aber nur ein wenig bremst. Richtiges Fixieren der eingestellten Polhöhe ist mit diesem Klemmhebel alleine nicht möglich.
Zudem sollte man die Polhöhe auf und ab per Rändelschraube betätigen können.

Aus diesem Grund habe ich ein zusätzliches M10 Gewinde im vorderen Teil der Montierung angebracht und eine Sternschraube montiert. Damit kann man nun die Polhöhe auch per Handrad tiefer stellen und später als Gegendruck im Zusammenspiel mit der hinteren Stellschraube die Polhöhe dauerhaft fixieren.


 
Im Auslieferungszustand ist keine Prismenschienenaufnahme mit enthalten. Ich habe mich übergangsweise für das Vixen-GP-System entschieden. Wahrscheinlich werde ich aber aus Stabilitätsgründen auf das Losmandy-System hochrüsten. Die Aufnahmevorrichtung kann einfach abgeschraubt werden. Trotz des filigranen Aussehens, ist diese Klemmung erstaunlich stabil.

 

Blick ins Motorengehäuse

Links ist der R.A. Motor zu sehen, rechts der Dec-Motor. Jeder Motor hat zwei Wicklungen und damit vier Anschlussleitungen.
Gelb und Schwarz gehen zu einer Wicklung (Anfang und Ende). Blau und Weiß gehen zur anderen Wicklung (wieder Anfang und Ende). Die beiden Wicklungen werden jeweils separat von der Motorsteuerung angesteuert.
Insgesamt benötigt die Steuerung also 4 (2x2) Motortreiber.


 
 
Dies ist die Handsteuerbox der Originalsteuerung. Das Gehäuse ist aus schwerem, dickwandigem Aluguss und vollkommen stabil. Gleichzeitig sind die Ausmaße der Handbox aber nur für sehr zierliche japanische Hände gedacht. Leider kühlt das Voll-Alu-Gehäuse bei Minusgraden heftig aus, sodass im Winter kalte Hände vorprogrammiert sind. Die Taste "S1" ist die "Shift"-Taste, mit der zwischen 9 Nachführkorrekturgeschwindigkeiten gewählt werden kann. Der winzige Schalter in der Mitte schaltet zwischen niedriger und hoher Geschwindigkeit um.
High-Speed bedeutet 250-fache Nachführgeschwindigkeit. Die Montierung bewegt sich in diesem Bereich dann deutlich sichtbar. (ca. 1° / sec).
 
Leider haben es die japanischen Konstrukteure versäumt, eine Richtungsumkehr für die Steuertasten mit einzubauen. Bei Verwendung eines Zenitspiegels oder Umschwenken des Teleskopes ist es oftmals sehr hilfreich, die Orientierung der Tasten umzukehren. Die rechte Taste soll dann auch das Bild nach rechts wandern lassen usw. Dann muss man nicht immer umdenken oder die Steuerung verkehrt herum halten.
Aus diesem Grund habe ich zwei zusätzliche Schiebeschalter in das Gehäuse integriert.
Das konnte sogar die EQ6 Handbox neuerer Bauart....
 
Die Verdrahtung ist recht fummelig, passt aber gerade so ins Gehäuse rein. Leider suchte ich über 3 Stunden nach einem bösen Masseschluss, der sich erst bemerkbar machte, wenn ich den Deckel mit einer bestimmten Schraube festzog. Ursache war ein Draht am Schalter, welcher metallischen Kontakt zum Gehäuse hatte.

 
Originalsteuerung (rechts mit zusätzlichem, selbst eingebautem Spannungsausgang für Lüfter 3-12V )
 
Abdeckblech (Eigenbau) des Motorengehäuses bei Nachrüstung auf eine FS2-Goto Steuerung. Im Abdeckblech ist die Helligkeitsregelung für den Polsucher, sowie ein regelbarer Spannungsausgang (3-12V) für Teleskoplüfter mit integriert.

 

Fazit:
Die Takahashi EM-200 USD-3 ist eine durchdachte, nahezu problemlose und präzise gefertigte Montierung im gehobenen Preissegment, welche mit einer entsprechenden Motorsteuerung sehr gut fotografisch geeignet ist. Sie besticht durch schnörkellose Technik aus einem Guss (im wahrsten Sinne) und einer soliden Verarbeitung. Die Tragfähigkeit gibt Takahashi mit 16 kg an, was ein sehr konservativer Wert sein dürfte.
Die EM-200 ist auch als Temma 2 Version mit Goto-Funktionalität und Encodern lieferbar. Allerdings funktioniert dieses Goto nur zusammen mit einem PC.

Aus diesem Grund habe ich mich für die EM-200 USD-3 entschieden und eine
FS2-Steuerung von Astro-Electronic (Michael Koch) nachgerüstet.

Zur Genauigkeit kann ich sagen, dass bei penibler Einnordung Belichtungszeiten von 4 Min ohne Guiding durchaus möglich sind (650 mm Brennweite mit DSLR).

Vorteile:
- sehr hochwertig verarbeitete Montierung
- präzise Nachführung
- exzellenter Polsucher

- keine abstehenden Teile, keine spitzen Kanten (praxistauglich bei Nacht)
- innenliegende Motoren - keine störenden Motorkabel

- gemessen an der Tragfähigkeit relativ klein und leicht
- komplett versenkbare Gegengewichtsstange
- samtiges "Look and Feel
"
- Schneckenspiel von Werk aus perfekt eingestellt (fast null Spiel)

Nachteile:
- relativ hoher Preis
- Polhöhenjustage (Klemmung ungenügend, keine Gegenschraube)
- keine Skala für die Polhöhe zur ungefähren Orientierung
- Richtungstasten der Handbox im Original nicht umschaltbar
- optionales Goto nur zusammen mit PC und Software möglich
- sehr dürftiges Handbuch
- exotisches Stativaufnahmegewinde (1/2" mit ungewöhnlicher Steigung)
- Schneckenspiel schwierig zu justieren

- wenig Info im Internet

 

Technische Daten:
- Tragfähigkeit: laut Datenblatt: ca. 16 kg (fotografisch)
- Gewicht des Achsenkreuzes: ca. 15 kg (ohne Gewichte)
- Durchmesser der Gegengewichtsstange: 20 mm (günstige EQ6- Gewichte passen)
- Nachführgenauigkeit: +/- 5 Bogensekunden
- Highspeed Slew bei 24V: 250x (ca. 1° / sec)
- eingebauter Präzisionspolsucher (serienmäßig)
- made in Japan