Vergleich H-alpha Sonnenfiltersysteme

Coronado SM90 vs. Solar Spectrum ASO

 


„… ein roter Ball mit Fähnchen dran…“ – das war die knappe und ehrliche  Antwort eines jungen Sonnenbeobachters auf die Frage, was er denn gerade im Okular entdeckt hätte.
Der etwa 6-jährige Junge hatte bei unserer öffentlichen Sonnenvorführung eher flüchtig durch eines der aufgebauten H-alpha-Sonnenteleskope hindurchgeschaut. Der „rote Ball“ war dabei die Sonne und das „Fähnchen“ eine wunderbar verästelte Protuberanz.

Liebe Leser, ich kann Ihnen versichern, dass Sie mit Hilfe eines Teleskops, bestückt mit einem geeigneten H-alpha-Filter und ein wenig Geduld, noch wesentlich mehr auf unserer Sonne entdecken können.
Zugegeben, vor der Anschaffung einer relativ kostenintensiven H-alpha-Ausrüstung hatte ich mir auch so meine Gedanken gemacht, ob sich das überhaupt lohnen wird. „Man kann ja eigentlich nur die Sonne damit beobachten und nicht mehr“, so waren meine Befürchtungen.

Ich kann Sie nur vorwarnen: Sonnenbeobachtung birgt ein gewisses „Suchtpotenzial“ und es ist wie eine eigene kleine Welt innerhalb der Hobby-Astronomie. In welchem Gebiet der Astronomie kann man schon mal Veränderungen in nahezu Echtzeit miterleben?

 

Sonne im Okular eines H-alpha Sonnenteleskopes. Der Himmelshintergrund ist bei klarem Himmel im Gegensatz zur hier gezeigten Aufnahme nahezu völlig schwarz.


H-alpha-Beobachtung unserer Sonne – was ist das überhaupt und was gibt es dabei zu entdecken?

Bei der bekannten Weißlicht-Sonnenbeobachtung der Photosphäre können wir Sonnenflecken und bei ruhiger Luft die Granulation auf der Oberfläche erkennen.
Als geeignete Filter können hierbei Glasfilter, Sonnenfilterfolien oder Herschelkeile verwendet werden (Bitte niemals Okular-Sonnenfilter benutzen!).

Wollen wir jedoch die Chromosphäre mit all ihren Phänomenen erkunden, sind hierfür aufwändige Filter notwendig, welche aus dem gesamten sichtbaren Spektrum der Sonne einen extrem kleinen Bereich herausfiltern können.
Wissenschaftler fanden um 1890 heraus, dass man Details in der schwachen Chromosphäre dann sichtbar machen kann, wenn ein Filter konstruiert wird, welcher nur eine ganz bestimmte Fraunhoferlinie des Sonnenspektrums passieren lässt.

Von Interesse ist die Wellenlänge des Sonnenlichts, welche bei exakt 656,281 nm liegt. Es handelt sich hierbei um die Emissionslinie des zweifach ionisierten Wasserstoffs (HII- oder H-alpha-Linie)  – übrigens dieselbe Linie, in der auch die farbenprächtigen, roten Nebelgebiete in Deep-Sky-Fotografien leuchten.
Der große Unterschied hierbei ist jedoch, dass H-alpha-Filter für die Deep-Sky-Fotografie einen wesentlich breiteren Durchlassbereich aufweisen dürfen, als ein H-alpha-Filtersystem für die Sonnenbeobachtung. Dies erklärt auch die enormen Preisunterschiede.

 

Anhand eines Beispieles möchte ich dies kurz veranschaulichen. Stellen Sie sich das gesamte sichtbare Spektrum von ca. 400 nm bis 800 nm als ein 10 m langes Band vor. Ein H-alpha-Filter für die Deep-Sky-Fotografie mit einer Halbwertbreite von beispielsweise 7 nm muss daraus „nur“ einen Bereich von ca. 175 mm herausfiltern.

Ein H-alpha-Filter für die Sonnenbeobachtung arbeitet idealerweise mit Halbwertsbreiten von ca. 0.07 nm bis 0.03 nm (0.7 bis 0.3 Ångström). Der gefilterte Bereich aus dem fiktiven 10 m langen Band liegt dann bei ungefähr 1-2 mm. Diese extrem engbandige Filterung ist zwingend notwendig, um bis in die Chromosphäre „vordringen“ zu können. Andernfalls würden, sehr vereinfacht ausgedrückt, die dicht daneben liegenden Wellenlängen alles überstrahlen.

Nur durch solch eine sehr engbandige Filterung ist es möglich, Protuberanzen, Filamente, Spikulen, aktive Regionen, Flares und viele andere veränderliche Strukturen am Sonnenrand bzw. auf der Oberfläche zu erfassen. Das Spannende hierbei ist, dass die Sonne ihr Erscheinungsbild im H-alpha-Licht täglich verändert und es dabei jeden Tag etwas Neues zu entdecken gibt. Protuberanzen als Beispiel, können ihre Form innerhalb weniger Minuten drastisch verändern und dabei Materie mehrere hunderttausend Kilometer weit in den Weltraum hinausschleudern.



 

Wie funktioniert ein H-alpha-Sonnenfilter?

 

Extrem engbandige Filter, auch Fabry-Pérot-Interferometer oder Etalon genannt, funktionieren nach dem Prinzip der Interferenz von Lichtwellen. Je nach Phasenlage verstärken sich diese Wellen oder löschen sich gegenseitig aus.
Ein typisches Etalon erzeugt zahlreiche, aber sehr schmalbandige Transmissionsmaxima, von denen eines ganz genau auf der H-alpha Linie liegt.
Der Abstand der jeweiligen Maxima liegt bei ca. 2 nm.
Ein zweiter, nachgeschalteter Blockfilter mit einer etwas größeren Halbwertsbreite filtert nun am Ende das gewünschte Maximum heraus und es bleibt genau die für uns so interessante Ha-Linie zur Beobachtung übrig.

 
 

Die hier vorgestellten H-alpha Sonnenfilter der Hersteller Coronado und Solar Spectrum funktionieren zwar nach dem selben physikalischen Prinzip, aber der Aufbau der einzelnen Komponenten ist sehr unterschiedlich. Beide Systeme haben jeweils spezifische Vor- und Nachteile.

 

 

Coronado SolarMax 90 (SM 90) mit Blockfilter 30 mm (BF 30)

 
 

Bei den Systemen von Coronado wird der Etalon-Filter stets vor der Teleskop-Öffnung platziert. Es sind dabei Filterdurchmesser von 40 mm, 60 mm und 90 mm in Serienfertigung erhältlich. Die benötigten Blockfilter sind ebenfalls in verschiedenen Größen erhältlich. Die Palette reicht hierbei von 5 mm, 10 mm, 15 mm bis 30 mm im freien Durchlass. Die kleinen Blockfilter sind fest in ein 1 ¼“ Zenitprisma integriert, wobei der 30 mm Blockfilter in einer 2“ Steckhülsenausführung erhältlich ist.
Coronado liefert das Filterset gut geschützt in einem kleinen Hartschalenkoffer mit passendem Schaumstoff-Inlay. Dieses ist auch wichtig, weil die Etalon-Filter sehr empfindlich auf mechanische Stöße reagieren, dadurch delaminieren und dabei zerstört werden können. Neben den Filteraufsätzen bietet Coronado zudem komplette H-alpha Sonnenteleskope mit bereits integrierten Filtern an. Ein sehr preisgünstiger Einstieg ist das PST (Personal Solar Telescope).
Ich hatte mich damals für einen Etalon-Filter mit 90 mm freier Öffnung (SM90) in Verbindung mit einem Blockfilter BF 30 entschieden. Je größer die freie Öffnung des Frontfilters, desto mehr Auflösung und damit Details sind bei der Sonnenbeobachtung zu erwarten – und desto höher ist leider auch der Anschaffungspreis.

 
Coronado SM90 Etalon-Filter mit Alu-Adapter für die Taukappe
 

Den großen BF 30 Blockfilter hatte ich aus folgendem Grund gewählt: Es war mir wichtig, die Sonne mit einem Binokularansatz beobachten zu können. In der Praxis brachte mir das tatsächlich einen enormen Wahrnehmungsgewinn gegenüber der monokularen Beobachtung. Da ich gleichzeitig  Wert darauf legte, die komplette Sonne mit 24 mm Okularen betrachten zu können (Televue Panoptic 24 mm), musste ich auf einen möglichst großen freien Durchlass des Blockfilters achten.
Die Brennweite des verwendeten Refraktors betrug ca. 800 mm. Das Sonnenbild wurde dabei im Fokus mit einem ungefähren Durchmesser von 7,5 mm abgebildet. Da die Protuberanzen teilweise weit über die Sonnenoberfläche hinausreichen und ich zudem noch ein wenig umlaufenden Freiraum anstrebte, hätte ein 15 mm Blockfilter bei monokularer Beobachtung prinzipiell ausgereicht.
Ein Binokularansatz benötigt aber ca. 120 mm zusätzlichen Lichtweg. Dazu addiert sich noch der Glasweg des Zenitprismas. Aus diesem Grund kann der Blockfilter nicht relativ nahe am Brennpunkt sitzen, sondern muss an einer Stelle platziert werden, wo der Strahlenkegel noch wesentlich breiter ist. Aus diesem Grund und nicht zuletzt wegen der stabilen 2“ Adaption habe ich den BF 30 Blockfilter angeschafft, um auf der sicheren Seite zu sein.
Völlig unverständlich war es mir jedoch, warum ein derart kostspieliges Bauteil nur mit einer einfachen Nylonschraube als Okularklemmung ausgestattet war. Ein relativ schwerer Binokularansatz mit Zenitprisma hätte damit nicht ausreichend sicher befestigt werden können.
Die 2“-Steckhülse kann von der eigentlichen Filtereinheit abgeschraubt werden, so dass eine umlaufende Nut für einen Messingspannring eingearbeitet werden konnte, ohne den empfindlichen Blockfilter zu gefährden. Der umlaufende Spannring ermöglicht nun eine perfekte Klemmung des okularseitigen Zubehörs.

 

Der Blockfilter BF30 (2" Steckhülsensystem) befindet sich zwischen Okularauszug und Zenitprisma.
 
 
Zur Befestigung des Etalon-Frontfilters dient ein entsprechender Adapter, der im Fachhandel passend für verschiedene Taukappendurchmesser bestellt werden kann.
Diese Adapter haben ein Innengewinde, in welches der Etalon-Filter eingeschraubt werden kann. Der passgenaue Adapter wird einfach über die Taukappe geschoben und mit Schrauben fixiert. Um den Lack zu schützen, sollte man immer eine Lage Filz oder Veloursfolie beim Innendurchmesser mit einkalkulieren.
 

Für die Coronado-Filter sind optionale Kippfassungen erhältlich. Damit kann die gesamte Filtereinheit ein wenig gegenüber der optischen Achse verkippt werden, wodurch eine Feinabstimmung für den maximalen Kontrast erreicht werden kann.

 
Kippfassung beim Coronado SM90
 
 
Die Filtereinheit ist vorne mit einem Innengewinde versehen, in welches man bei Bedarf noch einen zweiten Filter derselben Bauart einschrauben kann. Durch dieses Stacking reduziert sich die Halbwertsbreite von 0.7 Å auf ca. 0.5 Å. Die Oberfläche der Sonne kann hierdurch noch kontrastreicher abgebildet werden.
 

Der große Vorteil beim Coronado-System ist, dass der Aufbau relativ einfach und schnell vonstatten geht. Wenn Sie z.B. bereits einen kleinen Refraktor besitzen, können Sie diesen in kürzester Zeit in ein vollständiges H-alpha-System umwandeln.
Da wir monochromatisches Licht beobachten, ist ein kostspieliger Apochromat nicht notwendig und ein günstiger Fraunhofer Achromat ist vollkommen ausreichend.
Je kleiner der Aufwand, desto öfter wird man beobachten – ich spreche hierbei aus eigener Erfahrung.

 

 

 

 

Solar Spectrum 0.5 Å Advanced Solar Observer

 

Solar Spectrum 0.5 Å ASO mit Telezentrik im M68-System montiert am TEC 140
 

Die H-alpha-Systeme von Solar Spectrum funktionieren ebenfalls nach dem Prinzip der Interferenz, aber die verschiedenen Komponenten unterscheiden sich in der Anordnung vom Coronado Filter-System erheblich.

Im Falle des hier vorgestellten Solar Spectrum 0.5 Å ASO Filtersystems kommen folgende Komponenten zum Einsatz:

Der Energieschutzfilter (D-ERF 160 mm / dielectric energy rejection filter) ist für den sicheren Betrieb des Sonnenteleskops zwingend notwendig, um die enorme Wärmestrahlung der Sonne nicht in den Teleskop-Tubus gelangen zu lassen. Es handelt sich hierbei um einen hochvergüteten, planparallel geschliffenen Rot-Filter, welcher unerwünschte Infrarot-Strahlung zum größten Teil sperrt. Die Güte dieses Filters bestimmt nachdrücklich die Qualität der Abbildung. Der Energieschutzfilter wird als erstes Element vor die Eintrittsöffnung montiert.

 
Energieschutzfilter Baader D-ERF 160 mm (dielectric energy rejection filter)
 
Das Solar Spectrum-System unterscheidet sich von Filtersystemen anderer Hersteller (Coronado, Lunt usw.) unter anderem dadurch, dass der Etalon-Filter erst in der Nähe des Okulars und nicht bereits an der Frontöffnung platziert wird. Dies hat den Vorteil, dass der Filter wesentlich kleiner sein kann (Kosten!) und zudem die Öffnung des Teleskops und damit die Auflösung nahezu unbeschränkt ist.
Der Nachteil ist jedoch, dass der Strahlengang vor Eintritt in den Etalon-Filter nahezu parallel sein muss, damit der H-alpha-Filter überhaupt funktionieren kann.
Ein Öffnungsverhältnis von ca. f/30 hat sich als ausreichend "parallel" herausgestellt. Um den Strahlengang zu parallelisieren, werden sogenannte telezentrische Systeme angeboten.
Der von mir verwendete TEC 140 Refraktor hat ein Öffnungsverhältnis von f/7. Um den Strahlengang auf ein Öffnungsverhältnis von ungefähr f/30 zu verlängern, musste in diesem Fall eine 4-fach Telezentrik eingesetzt werden (f/7 x 4 = f/28).
Alternativ könnte auch die Öffnung entsprechend abgeblendet werden. Dies würde aber bedeuten, dass die 140 mm-Öffnung des TEC Refraktors auf ca. 33 mm verkleinert werden müsste. Dies würde einen erheblichen Auflösungsverlust bedeuten.
Der Hauptvorteil beim SolarSpectrum-System ist, dass die verwendbare Öffnung und damit das Auflösungsvermögen vom H-alpha-Filter unabhängig sind.

Damit der H-alpha-Filter seine volle Leistung entfalten kann, darf die optische Achse nicht verkippt sein. Bereits eine minimale Abweichung kann das Bild verschlechtern und die Erkennbarkeit von Oberflächendetails spürbar einschränken. Aus diesem Grund bietet Baader-Planetarium das M68-System optional an, um eine höhere Steifigkeit zu erreichen.

Die Telezentrik, ein System aus optischen Linsen, muss in einem ganz bestimmten Abstand vom Brennpunkt des Teleskops entfernt platziert werden. Dadurch wird die Baulänge hinter dem Okularauszug um ca. 270 mm verlängert. Das originale T2-System der Telezentrik wird in das Innere des M68-Tubus montiert. Durch den größeren Querschnitt des M68-Systems wird eine wesentlich höhere Steifigkeit erreicht. Auch mit einem schweren Binokularansatz gibt es keinerlei Durchbiegung. Natürlich muss der Okularauszug entsprechend dimensioniert sein.

 
Einzelteile Solar Spectrum 0.5 Å ASO:

- 4-fach Telezentrik (wird im Inneren des M68-Tubus montiert)
- M68-Tubussystem
- T2-Zenitprisma
- H-alpha Filtereinheit mit Anschlusskabel
- optionaler Reducer 0.66x



Die eigentliche Etalon-Filtereinheit ist im Vergleich zum Coronado-System relativ klein und wird mit T2-Adaptern hinter dem telezentrischen System montiert. Es bleibt dem Benutzer freigestellt, den Filter vor oder hinter das Zenitprisma zu montieren.
Natürlich müssen dabei die optischen Weglängen berücksichtigt werden, um mit den Okularen, einem Binokularansatz oder einer Kamera in den Fokus zu kommen.
Ab dem hinteren Ende des telezentrischen Linsensystems stehen noch 220 mm Backfokus zur Verfügung.
 
Solar Spectrum 0.5 Å ASO H-alpha Filtereinheit
 
Im Gegensatz zu Coronado-Filtern müssen die SolarSpectrum-Filter bei  einer ganz bestimmten Temperatur betrieben werden, um im optimalen Frequenzbereich arbeiten zu können. Hierfür ist die Filtereinheit mit einem Kühlelement (Peltier-Element) und gleichzeitig einer Heizstufe ausgestattet. Mit einer separaten Steuereinheit wird die optimale Temperatur des Filters vorgewählt und auf +/- 0.1 Grad genau geregelt. Bei meinem Filtersystem beträgt die vom Hersteller festgelegte Temperatur z.B. 38,0° C.
Warum das Steuergerät von SolarSpectrum ausschließlich mit 230V Netzspannung betrieben werden kann, ist mir allerdings unverständlich. Ein alternativer 12V Gleichspanungsbetrieb wäre für den Feldeinsatz sehr wünschenswert.
Die Temperatur kann im Betrieb nach oben oder unten angepasst werden, um den Filter in den roten oder blauen Flügel der H-alpha-Linie zu verschieben. Dies kann sinnvoll sein, um spezielle auf- oder absteigende Protuberanzen noch besser sichtbar zu machen (Frequenzverschiebung durch Doppler-Effekt).
 
Solar Spectrum Temperaturregler
 
 

 

Vergleich der beiden Filter in der Praxis

Da ich mit beiden Systemen ausgiebig beobachtet und auch fotografiert habe, kann ich nachfolgend meine praktischen Erfahrungen im direkten Vergleich aufzeigen:

Das Coronado-System besticht durch seinen einfachen und schnellen Aufbau. Innerhalb 5 Minuten ist alles komplett einsatzfähig. Die beachtliche Öffnung von 90 mm (SolarMax 90) bietet eine sehr detaillierte Abbildung. Protuberanzen konnte ich in allen Erscheinungsformen bereits ab der Minimalvergrößerung beobachten (33-fach mit 24 mm Okularen am Binokularansatz). Die Sonne kann dabei problemlos als Ganzes beobachtet werden. Der Himmelshintergrund erscheint im Okular nahezu schwarz, vorausgesetzt der Himmel ist völlig klar. Die Streulichtunterdrückung funktioniert also recht gut.
Mit steigender Vergrößerung (67-fach mit 12 mm Okularen) offenbaren sich feine Strukturen in den Protuberanzen und Oberflächendetails kommen recht kontrastreich zum Vorschein. Diese Vergrößerung hat sich bei meinem Balkon-Beobachtungsplatz als ideal erwiesen. Vergrößerungen über 100-fach konnte ich jedoch nur selten mit dem Coronado gewinnbringend einsetzen. Die Filter-Optik stößt meiner Ansicht nach hier an ihre Grenzen.
Es besteht die Möglichkeit, auf die bestehende Etalon Einheit noch eine zweite, baugleiche Einheit aufzuschrauben. Die Halbwertbreite sinkt dann von 0.7 Å auf ca. 0.5 Å. Besonders die Oberflächenstrukturen treten dadurch merklich kontrastreicher hervor, was sich auch im praktischen Versuch bestätigt hat.


Prinzipiell ist es vorteilhaft, bei bekannten Sternfreunden an einem baugleichen Filtersystem eine Vergleichsbeobachtung durchzuführen. In meinem Fall hatte ich mich zunächst gewundert, warum die Abbildung meines Systems wesentlich dunkler erschien, als bei dem meines Bekannten. Es stellte sich heraus, dass mein Blockfilter die Ursache für die dunklere Abbildung war, sodass ich diesen umgetauscht habe. Es scheint dabei eine gewisse Serienstreuung der Blockfilter zu geben.

 

Beim SolarSpectrum-Filtersystem gestaltet sich vor allem der allererste Aufbau der verschiedenen Komponenten wesentlich aufwändiger. Da jedes Teleskop mechanisch ein wenig anders aufgebaut ist, muss zuerst die exakte Lage des Brennpunktes ermittelt werden. Hierfür hatte ich zuerst den D-ERF-Energieschutzfilter mit Hilfe eines speziell angefertigten Adapters auf die Taukappe montiert. Nach dem Ausrichten des Teleskops auf die Sonne hielt ich ein Stück weißen Kartons hinter den unbestückten Okularauszug, um die exakte Lage des Brennpunktes festzustellen.
Am besten führt man diesen Test durch, wenn es ein wenig bewölkt ist, weil das fokussierte Abbild der Sonne trotz IR-Filterung immer noch gleißend hell ist. Es tritt jedoch keine nennenswerte Wärmeentwicklung auf. Viel sicherer wäre es, den Brennpunkt am Mond festzustellen.

Die telezentrischen Linsen müssen im Anschluss in einer festgelegten Distanz zum Brennpunkt positioniert werden.
Nun wird ausgemessen, wie weit der Okularauszug inklusive der montierten Telezentrik-Einheit ausgefahren werden muss, damit sich die Eingangslinse der Telezentrik im korrekten Abstand zum Brennpunkt befindet. Da zur späteren Fokussierung der Okularauszug nur wenige Millimeter bewegt werden darf (sonst verändert sich der Abstand des Brennpunktes zur Telezentrik zu stark) wird nun versucht, mit passenden Abstandshülsen am hinteren Ende im Okular ein scharfes Bild zu erzeugen. Dies ist ein wenig aufwändig, aber dieses muss nur ein einziges Mal durchgeführt werden.

 

Hat man es letztendlich geschafft, das komplette System zu fokussieren, wird man mit einer grandiosen Abbildung der Sonne belohnt. Besonders ist mir dabei die extrem detaillierte Darstellung der Spikulen am Sonnenrand im Vergleich zum Coronado System aufgefallen. Es ist im Direktvergleich sehr deutlich, dass mit 140 mm Öffnung (SolarSpectrum am TEC 140) gegenüber 90 mm (Coronado SM90 am TMB 115/805) eine deutliche Steigerung in der Auflösung feiner Strukturen zu verzeichnen ist. Die Qualität der Optik lässt beim SolarSpectrum-Filter, gutes Seeing vorausgesetzt, Vergrößerungen bis über 250-fach zu. Die Detailfülle bei Protuberanzen, Filamenten, Spikulen und feinsten Oberflächenstrukturen ist schlichtweg überwältigend.

 

Es sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass bei einem Teleskop mit der Basisbrennweite von ca. 1000 mm die effektive Brennweite auf Grund der notwendigen
4-fach Telezentrik auf nahezu 4000 mm anwächst.
Deshalb ist es nicht möglich, die komplette Sonnenscheibe mit 24 mm Okularen und einem Binokularansatz zu beobachten. Der Hersteller bietet jedoch einen 0.66x Reducer an, mit dem die Sonne dann komplett ins Gesichtsfeld passt.
In der Praxis stört mich dies jedoch überhaupt nicht, da ich es viel spannender finde, den Sonnenrand bei mittlerer Vergrößerung langsam abzufahren und dabei überrascht zu werden, wenn sich z.B. eine riesige Protuberanz oder eine aktive Region ins Bildfeld schiebt.

 
 

Fotografische Nutzung

Viele Hobbyastronomen verspüren den Wunsch, das visuell Erlebte auch fotografisch festzuhalten. Bei der Fotografie unserer Sonne im H-alpha Licht wende ich mit recht gutem Erfolg dieselbe Methode an, wie ich sie auch bei Mond- und Planetenaufnahmen praktiziere. Anstatt eines Einzelbildes zeichnet ein Videomodul eine ganze Serie von kurzbelichteten Aufnahmen auf (z.B. AVI-Video). Die schärfsten Einzelbilder werden von einer speziellen Software (z.B. Registax oder AVIStack 2) aussortiert und nachfolgend überlagert. Besonders gute Ergebnisse erhalte ich mit AVIStack 2 im Automatikmodus. Zurzeit verwende ich ein hochempfindliches Videomodul des kanadischen Herstellers PointGrey (ICX 285-CCD-Sensor).

Die Kamera-Adaption ist bei beiden H-alpha-Filtersystemen recht einfach. Anstatt des Okulars wird einfach ein Kameramodul montiert, der Fokus eingestellt und schon kann die Aufnahmesequenz gestartet werden. Die Qualität der Aufnahmen ist, optimales Seeing vorausgesetzt, sehr gut und es können erstaunliche Ergebnisse erarbeitet werden.

 
H-alpha Filtereinheit mit Point Grey Grashopper Videomodul
 
Feines Protuberanzen-Feuerwerk, aufgenommen mit dem Solar Spectrum System.

 

 

Mein persönliches Fazit:

Nun, Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, warum ich mittlerweile von dem bereits sehr guten Coronado H-alpha-Filter auf ein Filtersystem von Solar Spectrum umgestiegen bin. Ich will ehrlich sein: Ich erhoffte mir noch mehr Detailfülle auf der Oberfläche und in den Protuberanzen. Die Steigerung von 90 mm auf 140 mm freie Öffnung bei gleichzeitiger Verringerung der Halbwertsbreite von 0.7 Å auf 0.5 Å spricht auch in der Praxis für sich.
Die Steigerung der Abbildungsleistung ist sehr deutlich sichtbar.
Bei der Beobachtung unserer Sonne im H-alpha-Licht verhält es sich ein wenig wie bei der Deep-Sky Beobachtung. Man benötigt eine gewisse Erfahrung, um feinste Details erkennen zu können. Es scheint, dass sich das menschliche Auge erst langsam an das tiefrote Licht gewöhnen muss. Ich persönlich finde es sehr hilfreich, mit einem Binokularansatz zu beobachten, da hierbei die Erkennbarkeit feinster Strukturen enorm anwächst. Sehr empfehlenswert ist die Nutzung eines dunklen Tuches über dem Kopf, um jegliches Streulicht auszuschließen. Der Kontrast steigert sich hierbei enorm.

Legen Sie Wert auf einen unkomplizierten Aufbau und schnellen Einsatz bei sehr guten optischen Qualitäten, treffen Sie mit einem H-alpha-Filter von Coronado oder ähnlichen Systemen die richtige Wahl.

Bevorzugen Sie jedoch eine möglichst große Öffnung bei allerbester Abbildungsqualität und scheuen einen gewissen Aufbauaufwand nicht, sollten Sie sich die Geräte von Solar Spectrum genauer ansehen.

Preislich bewegen sich Einsteigergeräte mit 35 - 40mm Öffnung unter EUR 1.000.
Bei Filtersystemen mit größeren Öffnungen steigen die Kosten leider sehr shcnell in den hohen, vierstelligen Bereich.

 
 
Coronado SolarMax 90 (0.7 Å) mit Blockfilter BF 30
Vertrieb z.B. über Fa. Meade oder Astronomie-Fachhändler
 

Vorteile:

  • sehr schneller Aufbau
  • keine Spannungsversorgung notwendig (problemloser Feldeinsatz)
  • verschiedene Kombinationen aus Etalon- und Blockfiltern erhältlich
  • bequemer Einblick dank kurzer Baulänge
  • preiswerter Refraktor genügt
  • Transportkoffer im Lieferumfang enthalten

Nachteile:

  • Filter begrenzt die Öffnung und damit das Auflösungsvermögen
  • sinnvoll nutzbare Maximalvergrößerung endet bei ca. 100-fach (SM 90)
  • Je nach Blockfilter etwas dunkles Bild
  • Halbwertsbreite ohne Filterstacking nur 0.7 Å
  • konstruktionsbedingte geringe Obstruktion (Abstandshalter im Etalon)
  • muss sehr behutsam behandelt werden (keine harten Stöße – Gefahr der Delaminierung)
 
 
 
SolarSpectrum 0.5 A Advanced Solar Observer mit 160 mm D-ERF
und 4-fach Telezentrik
Vertrieb z.B. über Fa. Baader-Planetarium
 
 

Vorteile SolarSpectrum:

  • Öffnung / Auflösungsvermögen nicht vom Filter abhängig
  • viele verschiedene Modelle verfügbar
  • Vergrößerung bis 250-fach oder mehr möglich (je nach Öffnung)
  • Halbwertsbreiten von 0.8 Å bis 0.2 Å verfügbar
  • keinerlei Obstruktion bei Verwendung eines Refraktors
  • mechanisch relativ robust

Nachteile SolarSpectrum:

  • Abhängigkeit von Netzspannung (Temperatursteuergerät)
  • Aufwändiger Aufbau (Energieschutzfilter, Telezentrik, H-alpha-Filter, Steuergerät, Kabel)
  • sehr stabiler Okularauszug notwendig
  • Einblick wegen Baulänge teilweise unbequem
  • kein Transportkoffer im Lieferumfang enthalten
 
 

Tipp 1:
Es sind viele verschiedene Modelle von SolarSpectrum-Filtern erhältlich.
Die Unterschiede bestehen im Wesentlichen aus:
- freiem Durchlass (19 mm - 46 mm)
- Halbwertsbreite (0.8 Å - 0.2 Å)
- Güte des Filters (Research Grade oder Standard)

Meiner Erfahrung nach ist eine Halbwertsbreite von 0.5 Å der ideale Kompromiss aus Bildhelligkeit und Kontrastleistung auf der Sonnenoberfläche. Geringere Halbwertsbreiten zeigen visuell ein noch kontrastreicheres Bild, jedoch zu Lasten der Bildhelligkeit und damit zu Lasten der Belichtungszeiten bei Videoaufnahmen. Den freien Durchlass würde ich bei der Nutzung eines Binokularansatzes möglichst groß wählen.
Ob der finanziell erhebliche Mehraufwand einen "Research-Grade"-Filter rechtfertigt, muss jeder selbst entscheiden. Ich habe bei meinem Standard-Grade-Filter keine auffälligen Unregelmäßigkeiten bei der Abbildung bemerkt.


Tipp 2:
Vorsicht ist geboten bei der Auswahl eines geeigneten Zenitspiegels. In einem zufälligen Versuch habe ich festgestellt, dass ein hochwertiger, dielektrischer Zenitspiegel nicht optimal mit dem Solar Spectrum-Sonnenfilter zusammen arbeitet. Protuberanzen konnte ich zwar noch erahnen, aber die Sonnenoberfläche verlor fast jegliche Struktur.
Die Verwendung eines T2-Zenitprismas beeinträchtigte die Abbildungsleistung hingegen nicht.
Vermutlich lag es an der aufwändigen, dielektrischen Vergütung des Spiegels. Möglicherweise funktionieren einfachere Spiegel ohne Vergütung besser.
Da man aber selten einen Vergleich hat, wie die Oberfläche mit dem eigenen Sonnenfilter nun aussehen kann, halte ich es für ratsam, auf alle Fälle ein Zenitprisma anstelle eines Spiegels zu verwenden.
Bei der Verwendung eines Binokularansatzes ist es zudem wichtig, dass die Filtereinheit möglichst senkrecht zum Bino-Einblick montiert wird, da ansonsten unterschiedliche Bildhelligkeiten zwischen den beiden Okularen auftreten.